Er ist die Stimme von "Gorgeous George". Sein Ruf als Hörbuchleser ist legendär.
Zuallererst ist da Erstaunen: Diese Stimme gehört doch nicht auf dieses Gesicht? Doch, doch: alles ist genauso, wie es sein muss. Detlef Bierstedt leiht einem der größten Hollywoodstars unserer Zeit seine Stimme: George Clooney. Sitcom-Fans kennen ihn auch als neurotischen New Yorker George Constanza (Jason Alexander) aus "Seinfeld" oder als Feststimme von Schauspieler Bill Pullman. Daneben ist Detlef Bierstedt auch als Sprecher von Hörbüchern, Dokumentationen und Werbespots tätig. Aber weshalb hört man im Kino eigentlich nichts mehr von Detlef Bierstedt (zumindest im Kino)?
Bevor wir diese Frage beantworten, gibt es hier erstmal das Interview mit Detlef Bierstedt in "short and sweet":
Die traurige Antwort: Nach über 40 Jahren hängt der legendäre Sprecher das Synchrongeschäft an den Nagel. Eine Nachricht, die bei ihm viele bestürzte Anrufe auslöste. Aber auch Bekundungen der Hochachtung. Über 2000 Rollen lieh er seine Stimme. Als deutsche Stimme von George Clooney sprach er in über 30 Spielfilmen, allein für „Emergency Room“ (1994-2009) vertonte Bierstedt den Hollywood-Star in mehr als 100 Folgen. In über 30 Produktionen synchronisierte er John C. Reilly und Bill Pullman.
Der 71-jährige möchte sich nach seiner langen Karriere mehr Zeit für sich und seine Familie nehmen, wie er 2022 im Gespräch mit Massengeschmack-TV berichtete. Tagsüber liest Bierstedt in der Regel Hörbücher ein. Diese Königsklasse der Sprecherzunft bedarf hoher Konzentration. Die Koryphäe war dafür bekannt, sogar bis zu acht Stunden täglich vorzulesen (und das prima vista)! Danach noch die Abendstunden im Synchronatelier zu verbringen – für Bierstedt keine Option mehr.
Eigentlich wollte er nur noch seine Feststimmen vertonen, doch seine Stars sind so fleißig am Drehen, dass die deutsche Sprachfassung kaum hinterherkommt. Um George Clooney kümmert sich derweil Russell Crowe-Sprecher Martin Umbach. Zu Bierstedts letzten großen Synchronrollen zählt Stellan Skarsgård als finsterer Baron Harkonnen im Weltraumepos „Dune“ (2021). Er sprach den schwedischen Golden Globe-Preisträger in knapp 30 Filmen und Serien. In „Winning Time: Aufstieg der Lakers-Dynastie“ (2022), der Drama-Serie um Basketball-Star Magic Johnson der 1980er, vertonte er John C. Reily als Teamchef Jerry Buss. Bierstedts Tochter, Marie Bierstedt, tritt zum Glück schon lange in seine Fußstapfen. Als deutsche Feststimme von Anne Hathaway war sie zuletzt in James Grays semi-biographischen Drama „Zeiten des Umbruchs“ (2022) zu hören.
Detlef Bierstadt muss zwar Abstriche machen, doch ein Lichtblick bleibt. Die Legende wird sich auch weiter seiner seine Leidenschaft widmen und Hörbücher lesen. Als Schauspieler genießt er die kreative Freiheit, mit der er die literarischen Figuren zum Leben erwecken kann, während in der Neusynchronisierung die Interpretation durch das filmische Original schon vorweggenommen ist. Zu seinen jüngsten Hörbüchern gehören die fantastischen Werke von Beststeller-Autor Anthony Ryan („Der Paria“, 2023) und – wie wäre es als Stimme von Jonathan Frakes als Captain William T. Riker auch anders denkbar – David Macks Star Trek-Reihe „Titan“ (2023).
Hier unser exklusives Interview mit Sprecher Detlef Bierstedt in voller Länge aus dem Jahr 2017:
Seine erste große Rolle hatte George Clooney in der Serie „Emergency Room – Die Notaufnahme“ als Dr. Ross. 6 Staffeln lang spielte er den Arzt des New Yorker Krankenhauses. Schon auf diese Rolle wurde Detlef Bierstedt gesetzt. Und es ging aufwärts mit Clooneys Karriere, es folgte der Liebensfilm „Tage wie dieser“ und kurz darauf „Batman & Robin“ (1997). Für den Film „Oceans’s Eleven“ verlangte Regisseur Steven Soderbergh allerdings einen anderen Synchronsprecher – Detlef Bierstedts Stimme war ihm nicht nah genug dran am Original. Und in der Tat ist Bierstedts Stimme etwas heller als Clooneys. Allerdings hat er sein Charisma in der Stimme. Die deutsche Sprache ist im Vergleich zu anderen Sprachen eine sehr harte – eine sehr tiefe Stimme wirkt also nicht unbedingt sehr charmant und angenehm.
Und hier Detlef Bierstedt als George Clooney in „Money Monster“, zweite Hauptrolle spielte Julia Roberts (Sprecherin Daniela Hoffmann):
Und hier hören wir Sprecher Martin Umbach als Stimme von George Clooney in „Ocean’s Eleven“ passend oder nicht?:
Für Bill Pullman hat Detlef Bierstedt seine Stimme etwas tiefer gestellt – hier in der berühmten Ansprache des US-Präsidenten in Roland Emmerichs „Independence Day“ (1996):
Seit 1992 ist Detlef Bierstedt als Stimme von Bill Pullman gesetzt. Im Original hat Pullman eine sehr tiefe Stimme „Kehlkopfkrebs-Charakter“ nennt sie Detlef Bierstedt mit ironischem Unterton. Hierfür hat auch die Synchronregie von Detlef verlangt – wie er uns im interview verrät – seine Stimme etwas tiefer zu legen. Das Ergebnis konntet ihr oben hören. Jetzt hören wir im Vergleich die Originalstimme von Bill Pullman. Überrascht, wie tief sie ist?
Jason Alexander spielt den quirligen Neurotiker George Constanza in der Sitcom „Seinfeld“ . Detlef Bierstedt hat die Synchro der Serie besonderen Spaß gemacht, wie er uns im Interview verriet. 9 Staffeln lang synchronisierte er den misanthropischen New Yorker, den man einfach lieben muss, obwohl er ein ziemliches Ekel ist. Mittlerweile hat diese Art von Charakter Schule gemacht und ist aus vielen Sitcoms nicht mehr wegzudenken. Eine extreme Form dieser Figur des neurotischen Ekels ist Arthur Spooner in King of Queens (Schauspieler Jerry Stiller spielte übrigens George Constanzas Vater in Seinfeld), Alan Harper in „Two and a half Men“ oder Sheldon Cooper in Big Bang Theory.
Hier beweist Detlef Bierstedt, dass er auch singen kann: Detlef Bierstedt als Stimme von George Constanza in Seinfeld:
Wie er uns im Interview verraten hat, gibt es eine Sache, die Detlef Bierstedt lieber macht als Synchron: Hörbuchsprechen. Regelmäßig steht er hierfür im Atelier und spricht Krimis, Thriller, historische Romane und Science-Fiction-Stoffe. Thriller liest Detlef Bierstedt besonders gern – auch privat. Er liest immer prima vista, hat das Buch also vorher noch nicht gelesen und kann daher die Spannung sehr authentisch rüberbringen. Ganz anders macht es Lutz Riedel – wie er uns im Interview verriet. Riedel liest das Buch immer vorher komplett, bevor er ins Atelier geht.
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